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Burkina Faso

Durch meinen Stammtischfreund Walter Korn bin ich zu der Reise nach Burkina Faso gekommen. Seine somalische Frau Fadumo und Walter sind Mitglied im Verein NALA e.V. Der Verein setzt sich gegen die Genitalverstümmelung von Frauen in Afrika ein. In Burkina Faso werden viele Projekte wie Schulen, Kindergärten, Berufsschulen usw. unterstützt. Wir hatten die Aufgabe, nach dem Stand der Projekte zu schauen. Unser Stammtisch sammelte über 1400.- Euro für Medikamente, eine Schulspeisung von 800 Kindern und weitere kleine Projekte.

Vor der Abreise ist vieles noch zu organisieren. Für die Einreise nach Burkina Faso ist ein gültiges Visum notwendig, dieses wird in der Botschaft in Berlin beantragt. Dazu muss der Reisepass mit dem Antrag nach Berlin geschickt werden. Notwendig ist auch die Gelbfieberimpfung. Dazu vereinbare ich einen Termin bei meinem Hausarzt in Haimhausen. Kann auch kurzfristig kommen. Warte aber eineinhalb Stunden um zu erfahren, dass der Hausarzt meines Vertrauens keine Zulassung für eine Gelbfieberimpfung hat. Recherchiere drei Ärzte in Dachau. Vereinbare dort einen Termin. Zum vereinbarten Termin wird mir gesagt, heute können wir sie nicht impfen, wir haben unsere Gelbfieberimpfdosen vor vierzehn Tagen weggeschmissen. Müssen neue Dosen bestellen.

Genau eine Woche ist es nun her, dass ich von einer Reise aus Burkina Faso zurückgekommen bin. Und beginne die nachfolgenden Zeilen zu schreiben. Nach einem ausgedehnten Spaziergang ist mir die Idee gekommen, all meine Gedanken zu den zurückliegenden Wochen in dem westafrikanischen Land niederzuschreiben. Warum eigentlich? Viele Freunde, die ich die letzten Tage getroffen habe, fragten mich. Wie es denn war? Immer war es schwer eine knappe Antwort zu geben. So viele Gedanken, Eindrücke und Erlebtes haben mich die Tage nach der Rückkehr beschäftigt. Ein ordentliches Aneinanderreihen der Gedanken ist mir nicht möglich. Habe am Vormittag paar Fotos in Facebook hochgeladen, dazu kamen sehr schnell erste Reaktionen. Ein Kommentar daraus beschäftigte mich die ganze Zeit beim Spaziergang. „Lauter glückliche Menschen“ stand da. Hmmmmm dachte ich mir, mein Eindruck war da aber etwas anders. Und ich spielte die vielen, vielen Fotos immer wieder runter. Und ehrlich, der Verfasser dieses Kommentares hatte nicht mal Unrecht.

Burkina Faso Burkina Faso
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Auf vielen Fotos waren lachende Kinder und Erwachsene. Es kamen die Situationen ins Gedächtnis. Nach dem Fragen, ob ich ein Foto machen darf, gab es nur sehr wenige „Nein“ – die ich auch immer respektierte. Also machte ich Fotos von Personen, Gruppen, Situationen und Handlungen von Menschen. Das war für mich sehr neu, bin ich doch hauptsächlich in der Unterwasserfotografie zu Hause. Gut sind mir die traurig dreinschauenden, steifen Kinderposen in der Erinnerung. Als sie sich dann am Monitor der Kamera selbst sahen, waren sie begeistert. Dieses herzhafte Lachen, diese Freude, diese kurze Aufmerksamkeit, die ihnen geschenkt wurde, lässt mir immer noch die Gänsehaut den Buckel runter laufen. Ich hatte so viel Freude, so viel Glück, ich musste immer mitlachen und es erfüllt mich nach einer Woche immer noch mit Freude, den Kindern einen kurzen Augenblick des Lachens geschenkt zu haben. Das sind auch diese Momente, die mich seit der Reise begleiten und den Ansporn geben, diese Zeilen zu schreiben.

Wochen vor der Reise gingen mir Gedanken durch den Kopf: was wird die Reise aus mir machen? Auf Hirse und Maisbrei stellte ich mich ein, doch es gab richtig gutes Essen. Wir waren sogar zweimal zum Pizzaessen.

Die vielen Vorbereitungen beanspruchten viel Zeit. Impfungen gegen Gelbfieber und Hepatitis, dazu die Aufklärungsgespräche. Reisevisa beantragen. Fotoausrüstung zusammenstellen. Auf die Fotosituationen vor Ort einstimmen.

In Quagadogou, der Hauptstadt von Burkina Faso, kurz auch Quaga genannt, bleiben wir die meiste Zeit. Hier sind auch viele der betreuten Projekte der europäischen Hilfsorganisationen ansässig. Im AMPO haben wir uns im Gästehaus einquartiert.

Begeistert bin ich von den Taxis in Quagadougou. Die Mehrzahl alte 190er Mercedes, grün lackiert, echte Schrottlauben. Mir ist es ein Rätsel, wie die noch fahren. Unbeschreiblich wie manche Autos aussehen. Eine Schwachstelle der Mercedes ist wohl das Schloss vom Kofferraum, denn die Klappe ist bei den meisten Fahrzeugen mit einem Radschlauch festgezurrt, das Schloss selbst fehlt. Das Fahrgestell mit Dellen und Rost übersät, die Scheinwerfergläser zersprungen oder nicht mehr vorhanden. Der Innenraum oft mit sieben, acht Personen besetzt. An den Rädern fehlen Schrauben. Die Beförderung ist schon abenteuerlich, mit einem Pfiff oder Winken nehmen die Fahrer die Fahrgäste auf. Eine Fahrt kann dann Stunden dauern. Denn es kann passieren, dass man nicht sofort zum gewünschten Ziel befördert wird. Erst wenn genügend Personen das gleiche Ziel haben, geht es in den entsprechenden Stadtteil. Die Frage ist erlaubt. Was machen die Leute, wenn es nur noch Elektroautos gibt?

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Viele weltweite Hilfsorganisationen sind in Burkina Faso tätig. Die betreuten Projekte sind Kindergärten, Schulen, weiterführende Schulen, Waisenhäuser, berufsfördernde Maßnahmen, die Liste kann noch weitergeführt werden. Aber irgendwie kommt dieses Land nicht auf die Füße.

Burkina Faso Burkina Faso
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Karim, ein erfolgreicher Geschäftsmann aus Quagadougou, begleitete uns ein paar Tage. Er lud uns in sein Heimatdorf Kinibo ein, wo sein Vater geboren wurde, dort hat Karim eine Kirche, Moschee und Schule bauen lassen. Er übernahm das Grundstück seines Vaters, baute einen Bungalow, den er mit seiner Familie als Wochenendhaus nützt. Nebenbei betrieb er eine Hühnerfarm mit 2500 Geflügel, diese wurde aber eingestellt. Warum? frage ich ihn. „Seit ein paar Jahren wird subventioniertes Geflügelfleisch aus der EU nach Westafrika geschickt. Dabei handelt es sich um geschlachtete Legehennen aus den Mastbetrieben der EU Staaten. Das Geflügel wird zu billigen Preisen auf dem Markt verkauft. Der ehemals funktionierende Wirtschaftszweig ist in Westafrika zusammengebrochen. Viele Arbeitsplätze vernichtet.“

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Nun versucht er eine Rinderfarm aufzubauen. Er kreuzt einheimische mit europäischen Kühen. Als Endprodukt stellen seine Angestellten schmackhaften Joghurt her. Dadurch werden Arbeitsplätze in dem sonst abgelegenen Dorf geschaffen. In Kindibo stehen die ältesten Hochöfen der Welt. Im Jahr 2015 war die UNESCO vor Ort und untersuchte die Hochöfen. Sie datieren die Entstehung auf das Jahr 1100 n. Chr. Leider stehen nur noch drei von ehemals vielen Hochöfen, auch die sind schon sehr zerfallen. Rund um Kindibo ist die Erde dunkelrot, ein Zeichen für das vorhandene Eisenerz. Dem örtlichen Krankenhaus überreichten wir eine Spende vom Stammtisch der „Saubuam“. Dafür bekamen wir vom Bürgermeister von Kindibo einen Hahn überreicht.

Burkina Faso Burkina Faso
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Für zwei Nächte sind wir von Karim nach Bobo Delassou eingeladen worden. Die zweitgrößte Stadt Burkina Fasos liegt in Richtung Elfenbeinküste im Westen. Hier herrscht tropisches Klima. Die Landschaft ist sehr grün, so ganz anders als in Quaga. Untergebracht sind wir im Nobelhotel Sisiman. Welch krasser Kontrast, außerhalb der Mauern herrscht die Armut. Innerhalb der Mauern gibt es Bar, Swimmingpool und gepflegten grünen Rasen. Es sind auch paar Ausländer im Hotel, natürlich auch viele Chinesen. Karim besorgt uns einen Guide, der uns in zwei Museen führt, Fotografieren verboten. In einem Museum sind traditionelle Musikinstrumente ausgestellt. Im zweiten Museum werden Gebrauchsgegenstände des alltäglichen Lebens gezeigt. Unter anderem eine aktive Voodo Puppe - laut dem Museumsleiter. Auch eine Moschee, erbaut 1880, ist unser Ziel. Es gibt auf der Welt drei Moscheen die in dem Baustil erbaut wurden. Die Bekannteste steht in Timbuktu. Das Grundgerüst besteht aus dünnen Holzstämmen, Lehm stabilisiert das Ganze. Aus den Außenmauern ragen die Stämme raus. Nach der Regenzeit müssen die Mauern regelmäßig ausgebessert werden. Die Stämme werden als Gerüst genützt.

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Burkina Faso ist kein Land für Tierliebhaber. Für uns Mitteleuropäer sind die alltäglichen Erlebnisse auf der Straße gelinde ausgedrückt gewöhnungsbedürftig. Auch wenn die vielen Hühner, Ziegen und Schweine freilaufend nach etwas Essbarem suchen dürfen, ereilt ihnen ein oft grausames Schicksal. Straßenszenen, wo die Schweine und Ziegen festgezurrt auf den Mopeds, Dreirädern oder Autobussen ihrem Ende entgegenfuhren. Die Hühner werden kopfüber mit den Füßen auf Stangen aufgereiht zum Schlachthof transportiert. Weil es keine Kühlung gibt, werden die Tiere sofort am Straßenrand verkauft, geschlachtet und gegrillt. In Quagadougou werden auch Fische meist in der Sonne bei vierzig Grad und mehr am Straßenrand verkauft. Als wir von Bobo Delassou zurück in die Hauptstadt fuhren, kauft Karim neben Obst und Gemüse auch zwei Ziegenhälften. Als wir an dem Holzverschlag parkten hingen die geschlachteten Tiere schon mehrere Stunden am Haken. An dem Tag war es sehr warm, das Thermometer zeigte 42 Grad. Fliegen umkreisten das Fleisch, die Innereien samt Pansen lagen am Schlachtstock. Zum Einpacken nahm der Metzger auf dem Staubboden liegendes Papier. Es schaute aus wie die Zementsäcke bei uns zu Hause. Bevor das Fleisch verpackt wurde, schüttelte der Metzger das Papier immerhin noch aus, im Nu war es in eine Staubwolke eingehüllt. Mein erster Gedanke, „hoffentlich werden wir heute Abend nicht zum Essen eingeladen.“

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Während der Reise besuchen wir verschiedene Entwicklungsprojekte. Am ersten Tag besuchten wir das NALA Haus. Hier hat der Verein NALA e.V. einen Hektar Land gekauft, dort bewirtschaften 25 Familien das Grundstück. Hauptsächlich wird Hirse angebaut. Ein Geschäftsmann spendete 10 000 Euro für einen Wasserturm nebst Brunnen. Leider hielt die Konstruktion nicht lange. Im NALA Haus wurde dann auch von den sogenannten Animateuren eine Aufklärung gegen die Beschneidung von Frauen vorgeführt. Wir und die Frauen aus den umliegenden Slums waren die Zuschauer. Ein Junge hat mir ganz stolz sein Hausaufgabenheft gezeigt. Es war auch ein Mann vor Ort, der 45 Menschen aus dem Norden von Burkina Faso eine Bleibe gewährt hat. Sein Problem: für sich und seine Familie ist kaum Essen vorhanden. Er kämpft jeden Tag, um etwas Essbares zu organisieren – schon krass.

Danach fuhren wir zur ABN, eine Art Berufsschule. Hier werden Jugendliche zum Mechaniker, Schweißer, Elektroniker und zur Näherin ausgebildet. Die Metallbauer werden von Uwe im praktischen Teil betreut. Uwe ist aus Deutschland und kommt alle sechs Monate nach Quaga, um den Schülern die Verarbeitung von Metall zu zeigen. Er bleibt auf eigene Kosten etwa vier Wochen, die Schüler bekommen Aufgaben, die sie dann in den nächsten sechs Monaten lösen müssen. Durch den persönlichen Einsatz wurden von Uwe Werkzeugmaschinen nach Burkina Faso gebracht. Nun ist wohl Uwes Frau schwer erkrankt, sein Besuch schon längst überfällig. Alle warten auf Uwe und es tut sich nichts. Nur ein Lehrer, der die Jugendlichen in der Theorie betreut, ist anwesend. Dort lernen wir auch Lena kennen. Für das Mädchen haben Fadumo und Walter eine Patenschaft übernommen. Kurz nach der Geburt starb die Mutter durch einen Schlangenbiss. Der Vater wollte das Baby im wahrsten Sinne des Wortes entsorgen. Durch Zufall hat Fadumo dies mitbekommen, dass das Baby auf der Müllkippe entsorgt wird. Sie nahmen das Kind, zahlen nun im Jahr 50 Euro für ein Essen und Schulbildung. Sie versuchten den Bruder der Mutter für die Versorgung von Lena zu gewinnen. Der wollte aber das Baby nicht. Er hatte schon selbst zwei Kinder und dafür zu wenig zum Essen. Doch durch die 50 Euro bekommt die Familie auch etwas ab und betreut das nun sechsjährige Kind, welches kurz vor der Einschulung steht.

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Mit sehr vielen Eindrücken kehrte ich aus dem westafrikanischen Land zurück. Allen unzufriedenen Menschen bei uns hier in Deutschland empfehle ich, Burkina Faso zu besuchen. Ihr werdet erleben: es braucht nicht viel um glücklich zu sein!